Futter für die Künstliche Intelligenz – Datenmanagement als Herausforderung
Jede künstliche Intelligenz ist nur so gut, wie die Daten, auf die sie zugreifen kann. Das stellt uns beim Datenmanagement für den Digitalen Wissensschatz Rheinland-Pfalz vor Herausforderungen. Mit Benjamin Buhl, Geschäftsführer der netzvitamine GmbH, besprechen wir, wie man ihnen begegnen kann.
Was siehst du als Kernaufgabe im Destinationsmarketing?
In allen Bereichen der Planung und Reisebuchung sowie auf der Reise selbst nutzen unsere Gäste zunehmend digitale Tools und erwarten selbst für das Erlebnis vor Ort erschöpfende digitale Empfehlungen. Wir sollten deshalb alle Leistungserbringer in die Lage versetzen, Gästen an den jeweiligen Kontaktpunkten (Touchpoints) auch ein optimales digitales Erlebnis zu ermöglichen. Das setzt allerdings eine Standardisierung der Abläufe und der verfügbaren Daten voraus.
Braucht es dazu zwingend ein einheitliches Datenmanagement?
Grundlage eines zukunftsfähigen Destinationsmanagements sind Daten, die zentral vorgehalten werden, von hoher Qualität und Relevanz sind. Bei der Digitalisierung geht es nicht darum, gewohnte Abläufe widerzuspiegeln. Es geht darum, Daten einheitlich so aufzubereiten, dass sie über die verschiedenen Kanäle in gewünschter Detailliertheit markenwirksam ausgespielt werden können. Dazu gehört auch eine Lizenzierung von Text, Bild, Film und Ton, die eine rechtssichere Verwendung in externen Ausspielkanälen oder in Tools Dritter ermöglicht. Denn Gäste suchen ihre Informationen nicht unbedingt auf der Seite der DMO. Ein einheitliches Datenmanagement ist also unerlässlich.
Haben die klassischen Ausspielkanäle in Zeiten von KI-Bots wie ChatGPT oder Google Bard ausgedient?
Ohne Zweifel werden die klassischen Ausspielkanäle der DMO durch ChatGPT, Google Bard, Midjourney und Co. eine andere Rolle bekommen. Als reine Infoquellen während der Reise werden sie sicher kaum mehr Relevanz haben. Zugleich wachsen KI-unterstützte Plattformen zu neuen Infoquellen, die sich unserem direkten Einfluss entziehen, jedoch auch über gut aufbereitete Daten der Websites gespeist werden. Suchmaschinen, digitale Assistenten und deren Algorithmen jeglichen Entwicklungsgrades können nur das finden und in ihren Outputs verarbeiten, was irgendjemand in einer Datenbank eingepflegt und anschließend sichtbar gemacht hat. Eine solche Datenbank ist der DataHub RLP.
Worauf kommt es an? Wie macht man es richtig?
Alle für potenzielle Gäste- und Anspruchsgruppen relevanten Daten müssen über alle Medien maschinenlesbar aufbereitet und so aktuell gehalten werden, dass sie von Bots und Crawlern auch zuverlässig und vorrangig gefunden werden. Wichtig sind dafür einheitliche Datenformate und die Nutzung globaler Begrifflichkeiten in den Filterkatalogen, statt eigene Wortakrobatik zu hinterlegen.
Nicht die Menge der hinterlegten Kriterien oder Zertifizierungen ist entscheidend, sondern die Relevanz für die großen Plattformen und Anwendungen sowie deren User. Dazu gehört auch die klare inhaltliche Ausrichtung auf das Suchverhalten und die Informationsbedürfnisse der Gäste. Wenn dann auch noch die entsprechenden CC-Lizenzen hinterlegt sind, können die Daten nach dem Prinzip von OpenData im DataHub RLP vielfach verknüpft, in Beziehung gesetzt und wertstiftend sichtbar gemacht werden.
Könnten dabei nicht auch die KI-Bots helfen?
Dabei nur bedingt, denn zunächst mal müssen die Daten ja eingepflegt und gesammelt werden. Wenn es jedoch darum geht, Texte zu schreiben, Bilder zu optimieren oder die wahrscheinlichen Interessen und Fragen der Personas, Milieu- oder Bedürfnisgruppen zu eruieren, dann können ChatGPT und Google Bard sicher hilfreich sein.
Wichtig ist nur, dass der Prompt – also die Anweisung z. B. zur Erstellung eines Textes – sehr konkret formuliert wird. Etwa das in der Contentstrategie festgelegte Wording sowie Eigenschaften und Qualitätsansprüche der Gäste, die wir aus Marktanalysen oder Befragungen kennen müssen im Promt hinterlegt werden, damit die die KI brauchbare Textentwürfe verfassen kann. Diese dienen dann Grundlage eigener Formulierungen, müssen also nur noch von Werbefloskeln bereinigt und ggf. final in die „Handschrift“ der DMO übersetzt werden.
Für Webseiten ist es im Übrigen nicht mehr erforderlich, dass jede DMO ihre Daten und Websites auch in Fremdsprachen vorhält: Übersetzungstools wie Google-Translator liefern mittlerweile ausreichend präzise Übersetzungen in gut drei Dutzend Sprachen*.
(*Anmerkung der RPT: Für andere digitale Plattformen und aus SEO-Sicht macht es durchaus Sinn).
Wenn Datenmanagement eine Kernaufgabe des Destinationsmanagements ist, ist die DMO dann dafür gerüstet?
Datenpflege und die permanente Sicherung der Datenqualität ist eine arbeitsintensive und zeitaufwändige Aufgabe. Wenn sie ohne zusätzliches Personal neben den „klassischen“ Aufgaben der DMO erledigt werden soll, müssen in den nächsten drei Jahren zwangsläufig neue Prioritäten gesetzt werden. Dazu gehört auch ein „Mut zur Lücke“!
Es gilt, agile Strukturen zu schaffen, Synergien zu eruieren, Ressourcen zu bündeln und in übergreifenden Kooperationen zu agieren. Perspektifisch wird bei der Text- und auch Bildproduktion sicher die Weiterentwicklung der KI-Technologie helfen, die Rechte an Fotos und Texten müssen dennoch geklärt und ggf. erworben bzw. eingekauft werden. Für Eigenproduktionen sind zukünftig mehr denn je qualifizierte (und damit auch gut bezahlte) Kommunikationsfachleute unabdingbar, die mit gut aufbereiteten Texten das Futter für die KI liefern.
Wie gewinnen wir dafür möglichst breite Unterstützung?
Natürlich hängt der Erfolg des Tourismus nicht nur von der Digitalisierung der Daten ab. Vor Ort zählt für die Gäste in erster Linie das analoge Produkterlebnis. Es muss jedoch digital sichtbar und in der dargestellten Form und Ausprägung auch erlebbar sein.
Um Gästeansprache und Gewinnung zu optimieren ist die Digitalisierung unerlässlich. Dafür sind die fünf Bausteine der Digitalisierungsoffensive RLP eine hervorragende und zielführende Anleitung. Der „Tourenplaner Rheinland-Pfalz“ und die App „Rheinland-Pfalz erleben“ zeigen, wie erfolgreich die Fokussierung auf die digitalen Ansprüche der Gäste und die Bündelung der Kräfte sein können.
Und die Politik?
Da bin ich optimistisch. Inzwischen wächst in den politischen Gremien die Sensibilität für den Wirtschaftsfaktor Tourismus. Investitionen in den heimischen Tourismus schaffen generell (ortsgebundene) Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen vor Ort. Sie sichern die Attraktivität des Lebens-, Arbeits- und Freizeitraumes und sorgen so auch in nichttouristischen Wirtschaftsbereichen für Zukunftsfähigkeit. Das sollte inzwischen Grundlagenwissen in den politischen Gremien sein. Die DMO muss es nur immer wieder „an die Oberfläche holen“.